Zu den Tätigkeiten, die einem Architekten im Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden, der Sanierung von Gebäuden, dem Umbau von Gebäuden etc. obliegen, gehört nach der Anlage 10 zu § 34 Abs. 4, § 35 Abs. 7 der HOAI, 10.1, Leistungsbild Gebäude und Innenräume im Rahmen der Leistungsphase 7, die überschrieben ist mit „Mitwirkung bei der Vergabe“ unter anderem das Mitwirken bei der Auftragserteilung.
In welchem Umfang ein Architekt im Zusammenhang mit dieser Grundleistung den Bauherrn rechtlich beraten darf, ist umstritten. Dass es nachteilige Folgen für einen Architekten haben kann, wenn er die Grenzen der ihm gestatteten Rechtsberatung überschreitet, zeigt das Urteil des BGH vom 29.09.2023, VII ZR 190/22.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung des BGB zugrunde:
Ein Architekt, der mit Architektenleistungen der Leistungsphase 1 bis 8 gemäß der § 33 HOAI hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes beauftragt worden war, stellte seiner Bauherrin unter anderem einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung, den die Auftraggeberin bei der Beauftragung von zumindest 4 bauausführenden Unternehmern verwandt hat. Die vom Architekten zur Verfügung gestellte Skontoklausel erwies sich als unwirksam.

Dies hatte zur Folge, dass die Bauherrin an den Bauunternehmer dem zu Unrecht vorgenommenen Skontoabzug in der Größenordnung von 125.098,75 € im Rahmen eines Rechtsstreits bezahlen musste.
Daraufhin machte die Bauherrin gegen den Architekten Schadenersatz geltend in Höhe des Betrages, den sie wegen der unwirksamen Skontovereinbarung an den Unternehmer bezahlen musste.
Während das Landgericht Tübingen eine Haftung des Architekten für die unwirksame Skontovereinbarung bejaht hat, hat das OLG Stuttgart in seinem Berufungsurteil eine Haftung des Architekten verneint und ausgeführt, von einem Architekten, der zudem die Klausel noch durch einen Anwalt habe prüfen lassen, können nicht erwartet werden, dass er die Kenntnis von der Problematik der Klausel hat.
Es hat daher die Klage des Bauherrn, gestützt auf den Schaden, der ihm durch die unwirksame Skontovereinbarung entstanden ist, abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hatte eine andere Rechtsauffassung.

Der Umstand, dass der Architekt dem Bauherrn eine Skontoklausel zur Verfügung gestellt hat, sei ein Verstoß gegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Nach diesem Gesetz sind grundsätzlich nur Rechtsanwälte zur Rechtsberatung berechtigt.
Ausnahme von diesem Grundsatz bestehen dann, wenn die Rechtsberatung zwingend zur erlaubten Tätigkeit gehört.

Dies, so der BGH, sei nicht der Fall, wenn ein Architekt seinem Bauherrn eine Skontovereinbarung zur Verfügung stellt, die dieser verwendet im Zusammenhang mit Verträgen mit Dritten.
Deshalb, so der BGH, sei die entsprechende Vereinbarung zwischen dem Bauherrn und dem Architekten, was die Überlassung der Skontoklausel anbelangt, nichtig.
Dies bedeutet jedoch, dass dem Bauherrn gleichwohl ein Schadenersatzanspruch gegen den Architekten zusteht, der sich aus den § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG.
Damit nicht genug steht dem Architekten auch kein Anspruch zu gegen seine Berufshaftpflichtversicherung. Die Berufshaftpflichtversicherung tritt nicht für Ansprüche ein, die aus Tätigkeiten resultieren, die über die im Versicherungsschein beschriebene Tätigkeiten/Berufsbilder hinausgehen.

Nach dem Urteil des BGH hat der Architekt eine Tätigkeit ausgeübt, die über die im Versicherungsschein beschriebenen Tätigkeiten/Berufsbilder hinaus gegangen sein dürften. In diesem Zusammenhang ist auf einen Beschluss des OLG Koblenz vom 07.05.2020, 3 U 2182/19 zu verweisen.

Nach der Entscheidung hatte ein Architekt seinem Bauherrn bei einer unklaren Vertragssituation den Rat erteilt, die Kündigung des Vertrages auszusprechen.
Das OLG Koblenz sah darin eine unerlaubte Rechtsberatung durch den Architekten, einen Verstoß gegen § 3 RDG, und hat den Architekten auf Ersatz des Schadens verurteilt, der dem Bauherrn durch die Kündigung deshalb entstanden ist, weil sich deren Unwirksamkeit herausgestellt hat.